Trinidad ist für mich einer der sehenswertesten Orte auf Cuba - und das scheint auch für zahlreiche weitere Touristen so zu sein, denn das Städtchen wird von Besuchern regelrecht überrannt. Viel mehr Touristen kann man eigentlich gar nicht mehr auf einem Haufen antreffen. Tagestouristen werden Busweise aus Varadero herangekarrt und abends wieder abgeholt - dann wird es ein wenig überschaubarer, aber man trifft immer noch sehr sehr viele Reisende, was ja aber durchaus auch ganz nett sein kann.
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Karibik pur! (das Wetter leider nicht) Der Pfarrer dieser Kirche ist irgendwann mal mit dem Geld für den Kirchturm in die USA geflüchtet, daher fehlt der Turm. |
Wenn man in Trinidad die Menschenmassen ausblendet, kann man sich sehr gut vorstellen, wie der Ort in der Kolonialzeit ausgesehen hat. Aufgrund der nachlassenden Bedeutung des Zuckerhandels wurde Trinidad nämlich nicht modernisiert, so blieben alte Kopfsteinpflasterung und Gebäude im ursprünglichen Stil erhalten. Die Phantasie geht an solchen Orten gerne mit mir durch und ich träume mich in alte Zeiten hinein (wobei meine Phantasie vermutlich so gut wie gar nichts mit der damaligen Lebensrealität zu tun hat...)
In Trinidad kann man es also gut ein Weilchen aushalten, durch die Straßen flanieren und mit diversen Tagesausflügen für Abwechslung sorgen.
Wir haben an einem leider sehr verregneten, kühlen Tag das "Valle de los Ingenios" - das Tal der Zuckermühlen besucht. Dafür haben wir uns früh morgens zum kleinen Bahnhof begeben. Anfänglich waren wir noch die ersten, nach und nach trudelten aber mehr Touristen und ein paar einheimisches Guides ein. Typisch Cubanisch wäre es ja, zu fragen, wer der letzte in der Reihe ist (quien es el ultimo?) und dann wartet man brav, bis man dran ist. Nicht so mit den Touristen - da hilft nur die Ellbogen ausfahren und seinen Platz verteidigen. Die Plätze im Zug sind nämlich rar und man mag ja nicht als zweiter am Bahnhof sein und dann keinen Platz mehr bekommen...ich finde das cubanische Nachfragen nach dem letzten wirklich eine gute Idee, aber vielleicht sind wir Europäer dafür leider schon zu individualistisch?
Die Fahrt in dem alten Zug war dann ganz nett. Der Zug hat jedoch keine Fenster, es war kalt und hat geregnet....wir hatten wenigstens Regenjacke und Halstuch dabei, aber gemütlich ist anders...
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Dorfidylle - die Häuser sehen von außen meist schlimmer aus, als sie es innen sind |
Weil es die Cubaner aber offenbar langweilig finden, in einem Zug durch die wilde Landschaft zu tuckern und einfach nur die Aussicht zu genießen, haben sie mittels eines Alleinunterhalters für die musikalische Untermalung der Fahrt gesorgt. Der nette Gitarrero hat in allen 3 Waggons das gleiche Repertoire zum Besten gegeben und danach natürlich jeweils gerne ein paar CUC entgegengenommen. Zu diesem Zeitpunkt war ich von der Zwangsbeschallung + Zwangsgeldspende schon etwas genervt und habe nicht begeistert mitgesungen, wie einige andere Touristen. (Ich bin eine Spaßbremse, ich weiß). In weitere Folge des Urlaubs haben uns aber die lustigen Gassenhauer so manchen Lachanfall geschenkt....(kukurukukuuuuuuuuuuuu paloooommaaaaa)...auf Anfrage gebe ich gegen eine Spende gerne eine Kostprobe davon zum Besten
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Die Geier kreisen über dem Sklaventurm |
Das Ausflugsziel mit dem Zug ist ein alter Turm aus der Sklavenzeit mit dazugehöriger Finca. Dorthin werden die Touris scharenweise in Bussen angeliefert, wie bei einer Ameisenstraße pilgern dann alle den Weg entlang zum Turm und den Turm hinauf, sodass man zeitweise schon gar nicht mehr wieder hinunterkommt, wenn man mal oben ist....von dem Turm haben früher wohl die Sklavenaufseher Ausschau nach faulen Sklaven gehalten. Eine schaurige Vorstellung. Die Aussicht war an dem Tag wegen des Wetters nicht so gut, aber man sieht sicherlich etwas von der nahen Sierra de Escambray und der üppigen Flora der Umgebung. Außerdem kann man beim Nachbarn in den Hof schauen - der Mann hat sich auch sichtlich beobachtet gefühlt, als er gerade mit nacktem Oberkörper sein Hausschwein gefüttert hat...
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Aussicht über das Dorf |
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Die (Restaurant)Finca neben dem Sklaventurm |
In der Finca nebenan könnte man Essen, wenn der Zug nicht gleich wieder fahren würde - ansonsten gab es ungefähr 400 Meter Marktstände, an denen den Touristen hauptsächliche weiße Tischdecken mit Häkelborten in verschiedenen Größen angedreht wurden. Zwischendrin gab es auch überteuerte Halsketten aus Samen, die man im Osten Cubas um die Hälfte kaufen konnte.
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Souvenir, Souvenir |
Weiter ging es dann noch mit dem Zug, vorbei an Bananenwäldchen,fröhlich winkenden Kindern und an Wäscheleinen flatternden Unterhosen zu einer anderen Finca mitten in der Pampa.
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Arztbesuch |
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Das mit den winkenden Kindern und den Unterhosen ist nicht meiner Phantasie entsprungen |
Keiner der Mitreisenden (ca. 98% davon waren übrigens aus Deutschland) wusste, warum wir hier halten?!? Es stellte sich heraus, dass wir hier Essen bestellen sollten/konnten. Ein Teil der Gruppe war nicht hungrig und suchte nach Spazierwegen, von denen es hier draußen aber leider nicht wirklich welche gab. Leider fing es dann auch noch an, wie aus Kübeln zu gießen und so vertrieben mein Bruder und ich uns die Zeit in dem wir fasziniert die Mimosen sekkierten.
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Augen zu und drüber |
Die Rückfahrt mit dem Zug war dann auch wieder ziemlich kühl und nass. Spannend war, dass man sich beim Waggoneinstieg völlig ohne Schutzgitter hinstellen konnte, während man gerade über eine 4 Meter hohe Brücke fuhr, das wäre so in Europa nicht mehr möglich.
Das Highlight für die mitfahrenden Eisenbahnfans war dann die Bergauf-Strecke, wo einer der Lokführer immer raushüpfen und Sand auf die Schienen streuen musste, damit der Zug bergauf fahren kann.
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Faszination Eisenbahn - Kindheitsträume werden war in Cuba |
Alles in allem war der Ausflug leider eine ziemliche Touristenfalle. Die Zugfahrt war der schönste Teil des Ausflugs, weil man so ein bisschen Einblick in die Natur und das Leben bekam.
Ansonsten haben wir uns ehrlich gesagt ein bisschen etwas mehr Einblick in die Zuckerproduktion erwartet - weil wir doch ins Tal der Zuckermühlen gefahren sind. Dabei wäre es mir egal gewesen, ob es eher nur etwas historisches oder etwas über die aktuelle Produktion zu sehen gegeben hätte.
Ich will nicht sagen, dass der Sklaventurm mit seiner Geschichte ein Reinfall waren - ich würde aber empfehlen dorthin vielleicht auf eigene Faust zu fahren, wenn nicht gerade die Touristenhorden einfallen. Wenn man das ganze aber nicht gesehen hat, wird man vermutlich aber auch nichts vermissen.
Insgesamt kann ich es aber trotzdem als schönen Tag in Erinnerung behalten...der Sänger im Zug, die Landschaft und die Touristenabzocke hat uns schon wieder so amüsiert, dass wir noch heute darüber lachen :)
1) Kuba - Alles rund ums Geld